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01.05.2011

Österreichisches Zugabenverbot gemeinschaftsrechtswidrig - Gewinnspiele zulässig

Eine erst seit wenigen Tagen öffentlich zugängliche Entscheidung des Obersten Gerichtshof (4 Ob 208/10g) stellt klar, dass die derzeit geltenden gesetzlichen Regelungen des Zugabeverbots im § 9a UWG gemeinschaftsrechtswidrig und bei richtlinienkonformer Interpretation der Bestimmungen Zugaben nicht generell verboten sind.

 

Zur bisherigen Rechtslage

§ 9a UWG regelte das „Zugabenverbot“, und sah ein generelles Verbot von öffentlichen Bekanntmachungen oder anderen Mitteilungen vor, die für einen größeren Personenkreis bestimmt sind und die Verbrauchern neben Waren unentgeltliche Zugaben ankündigten; lediglich in vom Gesetz ausdrücklich normierten und aufgezählten Ausnahmefällen (sehr enge Grenzen) konnten derartige Zugaben angeboten werden; die Teilnahme an einem Gewinnspiel wurde als derartige „Zugabe“ angesehen.

Wie der „Fußballer des Jahres“ österreichisches Recht kippte

Eine Tageszeitung in Österreich veranstaltete eine Wahl zum „Fußballer des Jahres“; je-der Teilnehmer an der Abstimmung nahm automatisch an einer Verlosung teil, deren Hauptpreis ein Abendessen mit dem „Sieger der großen Kickerwahl“ war. Ein in direktem Wettbewerb stehendes Konkurrenzblatt klagte gestützt auf § 9a UWG auf Unterlassung dieser Maßnahme, da darin eine nicht erlaubte Zugabe gesehen wurde; der Rechtsstreit gelangte schließlich bis zum Obersten Gerichtshof.

Der Oberste Gerichtshof befasste aufgrund der das Gemeinschaftsrecht berührenden Materie den Europäischen Gerichtshof mit der Frage, ob ein generelles Verbot der Ankündi-gung von unentgeltlichen Zugaben zu Waren oder Dienstleistungen generell unzulässig ist, selbst wenn diese Regelung besondere Zwecke verfolgt (zB der Aufrechterhaltung der Medienvielfalt oder dem Schutz schwächerer Mitbewerber).

Der EuGH verneinte diese Frage; er verneinte auch die – fallbezogene – Frage, ob die Möglichkeit der Teilnahme an einem Gewinnspiel, die das ausschlaggebende Motiv für den Kauf einer Zeitung ist, schon für sich eine unlautere Geschäftspraxis zu begründen vermag.

Der OGH führte im weiteren Verfahren aus, dass § 9a UWG in seiner Absolutheit gegen die Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken 2005/29/EG verstößt, und entsprechend richtlinienkonform auszulegen ist. Der OGH „reduzierte“ dazu den Anwendungsbereich des § 9a UWG auf Fälle, in denen eine Zugabe auch nach § 1 Abs 3 lit a oder b oder nach § 1 Abs 1 UWG untersagt werden kann; § 9a UWG wird somit im Ergebnis „gegenstands-los“.

Der OGH bestätigte in Folge die Entscheidungen der Vorinstanzen, verneinte eine Wettbewerbswidrigkeit der Werbemaßnahme und wies das Rechtsmittel der klagenden Partei ab.

Abzuwarten bleibt, inwieweit der Gesetzgeber auf die nunmehrige Entscheidung des Obersten Gerichtshofs reagieren wird; bei § 9a UWG besteht dringender Reparaturbe-darf. Die Frage der Erlaubtheit von Zugaben wurde durch das nunmehrige Urteil größtenteils beantwortet, zahlreiche Teilfragen und Teilaspekte sind aber nach wie vor ungeklärt, und werden durch die Rechtsprechung in den nächsten Jahren herausgearbeitete werden müssen.

Zugaben nunmehr generell erlaubt?

Von der generellen Zulässigkeit von Zugaben kann jedoch nicht gesprochen werden; das Ankündigen, Anbieten oder Gewähren von Zugaben gegenüber Verbrauchern ist nur dann zulässig, wenn es im Einzelfall nicht irreführend, aggressiv oder sonst unlauter ist; jede entsprechende Maßnahme hat also anhand der allgemeinen Bestimmungen des UWG geprüft zu werden. Es „kommt darauf an“, ob eine Zugabe nunmehr erlaubt ist oder nicht; grundsätzlich wird aber nicht mehr allzu eng geprüft werden dürfen, ob das geplante Gewinnspiel oder die Zugabe eine unlautere Geschäftspraktik ist. Teilaspekte bedürfen aber noch der gerichtlichen Klärung und Schäfung.

 

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