Haftung bei Beteiligung an einem „Shitstorm“

Ein (Digital-) Foto, auf dem eine Person erkennbar ist, fällt sowohl in den Schutzbereich derDatenschutzgrundverordnung (DSGVO) bzw des österreichischen Datenschutzgesetzes (DSG) als auch des Urheberrechtsgesetzes (UrhG). Diese Gesetze verbriefen die einer betroffenen Person zustehendenhöchstpersönlichen Rechte.

Ausdrücklich gewähren Art 82 DSGVO und § 29 Abs 1 DSG „immateriellen Schadenersatz“ für die nachteiligen ideellenFolgen einer Datenschutzverletzung; ebenso § 87 Abs 2 UrhG für jene einer Bildnisschutzverletzung. Schadenersatzbei Verletzung des Bildnisschutzes wird nur bei einer ernsten Beeinträchtigung des Verletzten zuerkannt. Zu denken isthier an eine sehr empfindliche oder schwerwiegende Kränkung. Für einen Schadenersatzanspruch nach der DSGVObesteht im Vergleich zum UrhG keine Erheblichkeitsschwelle. Insoweit können auch bereits Gefühlsbeeinträchtigungenwie Ängste, Unwohlsein oder Leidenszustände aufgrund einer erfolgten oder auch nur drohenden Bloßstellung zu einerSchadenersatzverpflichtung führen.

Die Verwendung von sozialen Medien kann für Privatnutzer zu schwerwiegenden rechtlichen Konsequenzen führen,wie nunmehr der OGH in einer kürzlich ergangenen Entscheidung judiziert hat (6 Ob 210/23k). Betreibt manbeispielsweise einen Account auf Facebook, ist man Medieninhaber iSd Mediengesetzes (MedienG). Ein Privatnutzerhat nunmehr einen von ihm nicht erstellten Beitrag öffentlich geteilt. Bei Facebook ist die öffentliche Teilung einesBeitrages (theoretisch) von jedem Facebooknutzer weltweit abrufbar. In diesem Beitrag war ein Polizist mit einer Maskezu erkennen mit folgendem Text:

„Lasst dieses Gesicht des Polizisten um die Welt gehen. Dieser Polizist eskalierte bei der Demo in I. Ein 82jährigerunschuldiger Mann wurde zu Boden gerissen, verhaftet, und Stundenlang verhört. Dieser Polizist ist schuldig.“

Tatsächlich war der Kläger damals (nur) Glied einer polizeilichen Absperrkette gewesen und hatte nicht an derAmtshandlung gegenüber dem 82-jährigen Mann teilgenommen. Der Beitrag wurde von unzähligen Facebooknutzerngeteilt, wodurch sich der Beitrag rasend schnell auf Facebook verbreitet hat. Wie viele Personen den Beitrag tatsächlichgeteilt bzw gelesen haben, konnte nicht festgestellt werden. Das beim betroffenen Polizisten eingesetzte Unwohlseinist durch die hohe Anzahl an Teilungen des Beitrages verursacht worden.

Der OGH hat nunmehr ausgesprochen, dass in solchen Fällen der Geschädigte keinen Kausalitätsnachweis wie diesbei jedem sonstigen Schadenersatzanspruch notwendig ist erbringen muss. Das bedeutet ein Facebooknutzer haftetfür den gesamten Schaden, der durch sämtliche geteilte Beiträge von ihm in aller Regel unbekannten Personenverursacht wurde und nicht bloß für die von ihm konkret gesetzte Handlung.

Wer sich an einem Shitstorm beteiligt, muss somit aufgrund dieser Entscheidung damit rechnen, dass er denGesamtschaden gegenüber dem Opfer (vorweg) leisten und sich in der Folge der Mühe der Aufteilung des Ersatzesunter den anderen Schädigern unterziehen muss, was in der Praxis wohl nur schwer und gar nicht möglich sein wird.Darüber hinaus setzt man sich als Medieninhaber der Gefahr einer strafgerichtlichen Verfolgung bei der Teilung solcherBeiträge aus. Es ist daher äußerste Vorsicht bei der Teilung von Beiträgen geboten.

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