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24.10.2010

Eigenmächtige Widmungsänderung des Wohnungseigentümers führt zu Unterlassungs- und Beseitigungsansprüchen, auch gegen Dritte

Jeder übergangene Wohnungseigentümer kann sich kraft seines Miteigentums an der Liegenschaft nicht nur gegen einen eigenmächtig handelnden anderen Wohnungseigen-tümer, sondern auch gegen einen Dritten als unmittelbaren Störer wehren. 

Der Nebenintervenient (Streithelfer im Verfahren) ist Wohnungseigentümer von Räum-lichkeiten, die im Wohnungseigentumsvertrag als „Einstellraum, Laden, Magazin, Vor-raum, Abstellraum, Waschraum und Klosett“ gewidmet sind. Im Jahr 2001 vermietete der Nebenintervenient und Wohnungseigentümer diese Räumlichkeiten an eine GmbH, die dort einen Kaffeehausbetrieb einrichtete. Im Jahr 2002 kaufte der Nebenintervenient diesen Gastronomiebetrieb samt Zubehör und schloss gleichzeitig mit dem Erstbeklagten (Dritter und nicht Wohnungseigentümer) einen Mietvertrag über die Räumlichkeiten ab. Der Mietvertrag berechtigte den Erstbeklagten, in den Räumlichkeiten einen Gastrono-miebetrieb zu betreiben. Zum Zweck der Führung des Gastronomiebetriebes im Woh-nungseigentumsobjekt des Nebenintervenienten gründete der Erstbeklagte die Zweitbe-klagte Partei. Die Zweitbeklagte (eine KEG) führt seit 2002 im Objekt ein griechisches Spezialitätenrestaurant. Der Kläger ist ebenfalls Wohnungseigentümer und klagte wegen Unterlassung und Beseitigung dieses Gastronomiebetriebes.

Der Oberste Gerichtshof sprach aus, dass nach ständiger höchstgerichtlicher Rechtspre-chung auch jeder einzelne Wohnungseigentümer mit Unterlassung- bzw Beseitigungskla-ge nach § 523 ABGB (actio negatoria) im streitigen Rechtsweg gegen einen Wohnungsei-gentümer, der eigenmächtig Änderungen einschließlich Widmungsänderungen im Sinne des § 16 Abs 2 WEG vornimmt, vorgehen kann. Diese Klage nicht nur gegen den Woh-nungseigentümer, sondern auch gegen einen Dritten als unmittelbaren Störer erhoben werden.

Die Widmungsänderung von Magazin und Lagerräumlichkeiten in ein Gastronomieunter-nehmen ohne Zustimmung der übrigen Wohnungseigentümer oder eine diese ersetzende Zustimmung des Außerstreitgerichtes stellt einen Eingriff in die Rechtssphäre der übrigen Miteigentümer da, wenn damit eine wesentliche Interessenbeeinträchtigung der anderen Miteigentümer verbunden ist.
Eine solche Beeinträchtigung ist nach dem Obersten Gerichtshof bei Aufnahme eines Gaststättenbetriebes in vorliegender Form indiziert.

Die Widmung eines Wohnungseigentumsobjekt zählt zu den absolut geschützten Rechten jedes Wohnungseigentümers, eine Änderung ist nur nach Zustimmung aller Wohnungsei-gentümer oder einer die Zustimmungserklärungen ersetzenden Entscheidung des Außer-streitrichters möglich. Der übergangene Wohnungseigentümer kann sich daher, wenn das Recht zur Widmungsänderung nicht besteht, kraft seines Eigentumsrechtes gegen den eigenmächtig handelnden anderen Wohnungseigentümer und auch gegen jeden anderen Störer wehren.

Auch ist das mit dem Unterlassungsbegehren verbundene Beseitigungsbegehren berech-tigt. Die Ausstattung des Gastronomiebetriebes berührt auch allgemeine Teile des Hau-ses, der Eigentümer ist daher auch berechtigt, die Beseitigung des störenden Zustands zu verlangen. Die Beseitigung der Gastronomieanlagen (Kücheneinrichtung, Kühl und Abluftanlagen sowie die Ausstattung) ist zur Herbeiführung des rechtmäßigen Zustandes erforderlich.

Die vorliegende Entscheidung entspricht daher der Judikaturlinie des Obersten Gerichts-hofes, der dem Wohnungseigentümer schon bisher einen Unterlassungs- und Beseiti-gungsanspruch nicht nur gegen andere Wohnungseigentümer, sondern auch gegen Dritte als unmittelbarer Störer, gab. In der vorliegenden Entscheidung spricht der Oberste Ge-richtshof darüber hinaus klar aus, dass ein dem Störer von einem Wohnungseigentümer eingeräumtes ist obligatorisches Recht (hier: Mietvertrag) die anderen Wohnungseigen-tümer nicht daran hindert, den Störer mit der Eigentumsfreiheitsklage zu belangen. Das ist deshalb zu begrüßen, weil andernfalls die Regelungen des Wohnungseigentumsgeset-zes im Umweg über Verträge mit Dritten unterlaufen werden würden.

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