22.12.2020
Kein Schadenersatz wegen Online-Bewertung mit einem Stern
Der Kunde einer Immobilienmaklerin kritisierte im Rahmen einer Online-Rezension, dass sie eine sehr herablassende Umgangsweise gegenüber Kunden habe und Mieter bei der Wohnungsübergabe „beleidigt, bedroht und denunziert“. Das Werturteil des Kunden lautete: „Ein absolut unprofessionelles Auftreten.“ Der Oberste Gerichtshof sah in seiner Entscheidung vom 10.9.2020 (6 Ob 135/20a) die Klägerin durch die Bewertung in ihrer Ehre nach § 1330 ABGB verletzt: Angesichts der heutigen Reizüberflutung sind zwar „überspitzte Formulierungen“ unter Umständen hinzunehmen, soweit kein massiver Wertungsexzess vorliegt; Werturteile, die konkludente Tatsachenbehauptungen sind (wie „beleidigt, bedroht und denunziert“), müssen allerdings auch in Bewertungen von Unternehmen auf Plattformen im Internet nicht hingenommen werden. Er verpflichtete den beklagten Kunden zur Beseitigung dieses Kommentars und zur Unterlassung der weiteren Verbreitung herabsetzender Äußerungen dieser Art betreffend die klagende Maklerin.
Einen Schadenersatz von € 2.000,-, weil der Unternehmenswert der Maklerin durch diese Rezension sich nun vermindert hätte, wies das Höchstgericht jedoch ab: Dafür musste die Immobilienmakler zunächst einmal darlegen, von welchem Unternehmenswert sie selbst ausgeht, und welche Aufträge sie aufgrund der Bewertung des beklagten Kunden verloren hat. Auf der Internetplattform waren neben den Bewertungen des Beklagten (ein Stern) mehrere weitere Bewertungen vorhanden (sowohl sehr positive mit fünf Sternen, als auch durchaus negative mit einem Stern), woraus sich insgesamt ein Durchschnitt der Bewertungen von 3,2 Sternen ergab - ohne die Bewertung des Beklagten ein Durchschnitt von 3,8 Sternen. Damit hat sich die Bewertung des Beklagten aber in einem nicht mehr messbaren Ausmaß ausgewirkt.