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09.09.2020

Rücktrittsrecht bei Autokauf per E-Mail?

Der OGH (6 Ob 36/20t) hatte die Frage zu klären, ob ein Verbraucher noch rund ein Jahr nach einem Autokauf über E-Mail vom Vertrag zurücktreten kann: Der Käufer und spätere Kläger entdeckte im April 2018 auf der Website des beklagten Kfz-Händlers einen Gebrauchtwagen der Marke Mercedes. Die Streitteile einigten sich auf Barzahlung und Übergabe des Kfz am 7.5.2018 am Firmensitz des Händlers. Dieser übersandte daraufhin dem Kläger am 30.4.2018 den seinerseits bereits unterfertigten Kaufvertrag, der den Passus „Vorbehaltlich Besichtigung“ enthielt. Diesen unterschrieb der Kläger noch am selben Tag bei sich zu Hause und retournierte ihn per E-Mail an den Kfz-Händler. Über einen Vorbehalt der Besichtigung wurde nicht gesprochen. Bis zum Abschluss des Kaufvertrags hatten die Streitteile nur über Telefon und E-Mail kommuniziert.

Bei der Abholung des Wagens am 7.5.2018 einigten sich die Vertragsteile auf eine Preisreduktion, weil einige kleinere Mängel sichtbar wurden; der Käufer unterfertigte daraufhin einen neuen Kaufvertrag mit dem geminderten Kaufpreis. Ende März 2019 trat ein Mangel am Turbolader auf, den der Händler im Rahmen der Garantie reparierte. Der Käufer hatte aber nun das Interesse am Wagen verloren. Er erklärte am 2.4.2019 nach 22.000 gefahrenen Kilometern den Rücktritt vom Vertrag und berief sich auf sein Rücktrittsrecht gemäß §§ 11f FAGG. Diesen Rücktritt wollte der Händler nicht akzeptieren.

Der OGH bestätigte zunächst, dass nicht der in den Geschäftsräumlichkeiten des Händlers unterfertigte zweite Kaufvertrag maßgeblich sei, sondern jener vom 30.4.2018, der per E-Mail zustande kam. Der OGH bestätigte weiters die Anwendbarkeit des FAGG (Fern- und Auswärtsgeschäfte-Gesetz): Ein für den Fernabsatz „organisiertes Vertriebs- oder Dienstleistungssystem“ gemäß dem FAGG setzt kein organisiertes Versandsystem voraus. Der Schutz der Verbraucher betrifft Verträge, die unter beidseitiger Abwesenheit der Vertragspartner aufgrund der ausschließlichen Verwendung von Fernkommunikationsmittel (wie zB. E-Mail) zustande kommen. Da der Kläger nicht über sein Rücktrittsrecht gemäß § 11 FAGG belehrt worden war, verlängerte sich die Rücktrittsfrist gemäß § 12 FAGG um zwölf Monate und stand ihm im April 2019 noch ein Widerrufsrecht zu. Der Händler musste dem Käufer den vollen Kaufpreis refundieren.

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