
Der Oberste Gerichtshof (OGH) hatte sich mit der Frage zu befassen, ob eine umfangreiche Kunstsammlung Teil des gesetzlichen Vorausvermächtnisses (§ 745 ABGB) einer Witwe ist. Dieses räumt dem überlebenden Ehegatten das Recht ein, in der Ehewohnung zu bleiben und die zum Haushalt gehörenden beweglichen Sachen – etwa Möbel und Einrichtungsgegenstände – zu übernehmen.
Im konkreten Fall lebte die Witwe mit ihrem verstorbenen Ehemann, einem bekannten Kunstsammler, bis zu dessen Tod in dessen Eigentumswohnung. Die Wohnung war dicht mit Gemälden und Kunstgegenständen bestückt – über 200 Werke waren dort untergebracht, teils sichtbar, teils gelagert. Die Witwe beanspruchte neben Wohnung, Auto und Einrichtung auch die gesamte Kunstsammlung – sie habe als Dekoration gedient.
Der OGH verneinte das. Zwar können Kunstwerke grundsätzlich unter das Vorausvermächtnis fallen, wenn sie der Wohnraumgestaltung dienen. Doch im konkreten Fall trat deren Funktion als Wertanlage und Ausdruck einer (quasi-)beruflichen Sammlertätigkeit so stark in den Vordergrund, dass eine Zugehörigkeit zum Haushalt nicht mehr gegeben war. Die Sammlung war Teil der persönlichen Selbstverwirklichung des Verstorbenen – nicht der gemeinsamen Lebensführung.
Die Entscheidung (2 Ob 38/25i) zeigt klar: Nicht alles, was in der Wohnung steht, gehört automatisch zum Vorausvermächtnis. Entscheidend ist die tatsächliche Nutzung im ehelichen Alltag.